Dass Gesetze bei so genannten "Menschen mit Migrationshintergrund" nicht immer eingehalten oder anders ausgelegt werden, ist für uns Beraterinnen der Initiative Ehe ohne Grenzen leider keine Neuigkeit mehr. Doch manchmal läuft der Staat Österreich zu Höchstformen auf:
Caroline wurde in den 90er Jahren
gemeinsam mit ihren Eltern in Österreich eingebürgert, lebt seither auch hier
und hat einen österreichischen Partner. Anfang des Jahres 2014 wurde ihr
gemeinsames Kind in Kärnten geboren. Es sollte klar sein, dass auch dieses Kind
die österreichische Staatsbürgerschaft ohne Probleme und automatisch erhält, zudem es auch seit August 2013 ein neues Gesetz gibt, dass dem österreichischen
Vater eines unehelichen Kindes die Möglichkeit gibt, seine Staatsbürgerschaft
auf das Kind zu übertragen, wenn er innerhalb von acht Wochen entweder die
Vaterschaft anerkennt oder seine Vaterschaft gerichtlich festgestellt wurde.
Doch Caroline und ihr Partner wurden
eines Besseren belehrt. Die zuständige Bezirkshauptmannschaft wollte
tatsächlich die Staatsbürgerschaftsnachweise ihrer Eltern, also von den
Großeltern des Kindes, um das Kind als österreichische_n Staatsbürger_in zu
akzeptieren.
Das Thema „Erwerb der österreichischen
Staatsbürgerschaft“ ist derzeit ohnehin ein Brennpunkt im österreichischen
Parlament. Seit Oktober wird dazu ein Antrag der Grünen bezüglich
Doppelstaatsbürgerschaft für Kinder von Nicht-Österreicher_innen diskutiert. Es
gab bereits ein Staatsbürgerschafts-Hearing im Innenausschuss, bei dem
Expert_innen zu Wort kamen und sich für eine Modernisierung dieser Gesetze
aussprachen. "Das sind Kinder ohne Migrationserfahrung, die in Österreich
zu Hause sind und das Heimatland ihrer Eltern meist nur vom Urlaub her
kennen", betonte die Leiterin des Wiener Beratungszentrums
für Migranten und Migrantinnen Dunja Bogdanovic-Govedarica. Konkret fordern die
Grünen, dass hierzulande geborene Kinder von Drittstaatsangehörigen automatisch
Österreicher_innen sind, wenn mindestens ein Elternteil seit fünf Jahren
niedergelassen ist. Im Vorjahr gab es bereits die Bürger_inneninitiative „Alle
Kinder sind unsere Kinder!“, die eine Reform des Staatsbürgerschaftsrechtes
forderte.
In Deutschland einigte sich die Regierung
im März dieses Jahres, dass dort geborene Kinder nicht-deutscher Eltern in
Zukunft auf Dauer zwei Pässe behalten dürfen.
Ebenso im Oktober fand im Haus der
Europäischen Union in Wien die Diversity Media Week 2014 von MMedia statt. Am
zweiten Tag wurde eine Podiumsdiskussion mit dem Titel
„Doppelstaatsbürgerschaft für Kinder ausländischer Eltern“ durchgeführt. Am
Podium waren u.a. Gerd Valchars, Politikwissenschafter an der Uni Wien und Alev
Korun, Nationalratsabgeordnete der Grünen. Gleich als Einführung wurde die
Situation in Österreich im internationalen Vergleich offen dargelegt und es
wurde deutlich, dass die Gesetze in Österreich hierbei als besonders restriktiv
gelten.
Immer wieder wird versucht mittels
verschiedener Indizes die Staatsbürgerschaftspolitiken von Staaten zu
vergleichen. Laut eines Befundes des Migrant Integration Policy Index (Mipex)
im Jahr 2011 erreichte Österreich hier lediglich 22 von 100 möglichen Punkten,
wobei 0 Punkte sehr restriktiv bedeutet. Von 31 untersuchten Staaten bewegt
sich Österreich also an viertletzter Stelle.
Im Klartext: Mit Kriterien wie einem
zehnjährigen ununterbrochenen Aufenthalt, Unbescholtenheit (selbst mehrmalige
Verwaltungsstrafen zählen hier mit), Selbsterhaltungsfähigkeit (rund 1.000 Euro
im Monat) und gute Deutschkenntnisse schneidet Österreich im EU-Vergleich nicht
gut ab. Als EU-Schnitt gelten 44 Punkte, Deutschland erreicht beispielsweise 59
Punkte. Je nach Bundesland fallen für das Erlangen der österreichischen
Staatsbürgerschaft zusätzlich noch Gebühren zwischen 1.220 und 2.500 Euro an,
unleistbar für viele.
Das geltende „ius sanguinis“[1] wird
besonders bei in Österreich geborenen Kindern von Nicht-österreicher_innen zur
Absurdität: Laut Valchars werden in Österreich täglich 38 Kinder geboren, denen
die österreichische Staatsbürgerschaft fehlt. Langfristig gesehen wird das zum
Problem: bei Schulreisen, Auslandsaufenthalten zu Ausbildungszwecken, einer
Lehrstellen- oder Jobsuche zum Beispiel. Und natürlich demokratiepolitisch
gesehen, da diese Kinder später einmal nicht wahlberechtigt sind.
Ehe ohne Grenzen beobachtet die derzeitige Diskussion rund um
Doppelstaatsbürgerschaften und ist grundsätzlich für eine Erleichterung, besonders was Kinder binationaler Paare
betrifft. Bei der momentanen Regelung kann es zu
Ungerechtigkeiten kommen, denn durch den Verzicht auf die nicht-österreichische
Staatsbürgerschaft kann im jeweils anderen Land
u.U. jeglicher Besitz oder das Erbrecht verloren gehen. Österreich hat sich
durch die Unterzeichnung eines Europarats-Übereinkommens
in den 60er-Jahren zu einer Vermeidung von Doppel- oder
Mehrfachstaatsbürgerschaften verpflichtet, der Trend in Europa geht derzeit
dennoch in eine andere Richtung. Neben Österreich ist dieses Übereinkommen nur
noch in Norwegen und den Niederlanden aufrecht.
Ehe ohne Grenzen befürwortet ebenso die Forderungen der Grünen, das
Geburtslandprinzip im Staatsbürgerschaftsgesetz zu verankern und
Doppelstaatsbürgerschaften zu ermöglichen, sowie Einbürgerungshürden für Kinder
aus binationalen Ehen abzuschaffen. Kinder sollen automatisch als
Österreicher_innen zur Welt kommen, wenn zumindest ein Elternteil seit
mindestens einem Jahr einen ordentlichen Wohnsitz in Österreich hat.
Es ist unklar, wie viele Menschen in
Österreich eine Doppelstaatsbürgerschaft haben. Bei der Volkszählung 2011 waren
es laut Statistik Austria 55.066 Personen.
Derzeitige Gesetzeslage zur
Doppelstaatsbürgerschaft bei Kindern
Wenn verheiratete Eltern
unterschiedliche Nationalitäten (österreichische und eine andere) haben und im
Herkunftsland des fremden Elternteils auch das Abstammungsprinzip (wie in
Österreich) gilt, ist das Kind Doppelstaatsbürgerin/Doppelstaatsbürger.
Nach österreichischem Recht muss sich das Kind mit Volljährigkeit nicht für
eine Staatsangehörigkeit entscheiden – es kann jedoch sein, dass der andere
Staat eine Entscheidung verlangt.
Uneheliche Kinder erwerben die Staatsbürgerschaft nach der Mutter. Sie erwerben mit der Geburt automatisch die österreichische Staatsbürgerschaft, wenn die Mutter zum Zeitpunkt der Geburt österreichische Staatsbürgerin ist, ohne dass auf die Staatsangehörigkeit des unehelichen Vaters Rücksicht genommen wird. Allerdings kann sich aufgrund des Geburtsortes des Kindes eine Doppelstaatsbürgerschaft ergeben.
Seit 1. August 2013 gilt folgende Regelung: Ist nur der Vater eines unehelichen Kindes österreichischer Staatsbürger, die Mutter aber Staatsangehörige eines anderen Staates, erwirbt das Kind die Staatsbürgerschaft durch Abstammung, wenn der uneheliche österreichische Vater innerhalb von acht Wochen entweder die Vaterschaft anerkannt hat oder seine Vaterschaft gerichtlich festgestellt wurde. Für jene Fälle, in denen erst nach diesem Zeitpunkt das Anerkenntnis vorgenommen wird oder die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft erfolgt, können die Kinder die Staatsbürgerschaft unter erleichterten Bedingungen durch Verleihung erwerben.
Uneheliche Kinder erwerben die Staatsbürgerschaft nach der Mutter. Sie erwerben mit der Geburt automatisch die österreichische Staatsbürgerschaft, wenn die Mutter zum Zeitpunkt der Geburt österreichische Staatsbürgerin ist, ohne dass auf die Staatsangehörigkeit des unehelichen Vaters Rücksicht genommen wird. Allerdings kann sich aufgrund des Geburtsortes des Kindes eine Doppelstaatsbürgerschaft ergeben.
Seit 1. August 2013 gilt folgende Regelung: Ist nur der Vater eines unehelichen Kindes österreichischer Staatsbürger, die Mutter aber Staatsangehörige eines anderen Staates, erwirbt das Kind die Staatsbürgerschaft durch Abstammung, wenn der uneheliche österreichische Vater innerhalb von acht Wochen entweder die Vaterschaft anerkannt hat oder seine Vaterschaft gerichtlich festgestellt wurde. Für jene Fälle, in denen erst nach diesem Zeitpunkt das Anerkenntnis vorgenommen wird oder die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft erfolgt, können die Kinder die Staatsbürgerschaft unter erleichterten Bedingungen durch Verleihung erwerben.
(Quelle: help.gv.at)
[1] Ius sanguinis bezeichnet das Prinzip,
nach dem ein Staat seine Staatsbürgerschaft an Kinder verleiht, deren Eltern
(oder mindestens ein Elternteil) selbst Staatsbürger_in dieses Staates sind. Es
wird daher auch Abstammungsprinzip
genannt (Wikipedia).