01.12.14

„Wo ham‘S denn das Kind her?“


Die Ampel ist rot, Magdalena steht mit ihrer dreijährigen Tochter Mariama am Gehsteig und wartet auf das grüne Licht, als ein Mann beim Vorbeifahren das Autofenster hinunterkurbelt und schreit: „A wo ham‘S denn das Kind her?“ Magdalena ist wie vor den Kopf gestoßen, wie üblich, und das Hirn arbeitet zu langsam, um schnell etwas hinterherzuschreien, außerdem ist das Auto längst weg.
 
Langsam steigt der Ärger in ihr auf und wird immer stärker, ihre Tochter hat zum Glück überhaupt nichts mitbekommen, sie ist mit ihrem Luftballon beschäftigt, den sie gerade geschenkt bekommen hat.
Leider ist es nicht das erste Mal, dass Magdalena mit solchen Äußerungen konfrontiert wird, und es wird sicher auch nicht das letzte Mal gewesen sein. Magdalena ist 29, kommt aus Kärnten und lebt dort mit ihrem Mann Sam, 30, den sie während ihres Auslandsstudiums in Kenia kennengelernt hat. Die Entscheidung, mit ihrer Familie in Österreich zu leben, hinterfragen die beiden immer wieder, und in solchen Momenten wissen sie, warum. Wobei es noch Schlimmeres gibt, wie zum Beispiel Kommentare im Einkaufszentrum, in dem sie eine Frau hasserfüllt anrempelt und mit einer N-Beschimpfung konfrontiert. Dagegen scheint es fast harmloser zu sein, wenn Magdalena in einem Fortbildungskurs von ihren Kolleg_innen gefragt wird, ob ihr Kind denn ein „Mischling“ sei, nachdem ihr Mann aus Kenia kommt.

Neben allen anderen Herausforderungen, mit denen Magdalenas binationale Familie konfrontiert ist - sei es die Angst vor der Arbeitslosigkeit, die Pflicht zur Erfüllung des Einkommensnachweises, die Pflicht zur Ablegung des Deutschtests auf B1 Niveau - wenn Sam eine Niederlassungsbewilligung bekommen will, die länger als drei  Jahre gültig ist – sind das die Momente, in denen ihr klar wird, dass sie durch ihre Heirat mit einem sogenannten Drittstaatsangehörigen offenbar aus einer Gruppe ausgestoßen wurde, zu der sie vorher unhinterfragt gehört hat: jener der Mehrheitsösterreicher_innen, die im Glauben lebt, die Welt sei so in Ordnung, wie sie einem in der Schule beigebracht wurde: Österreich ist ein demokratischer Staat, der gerecht ist und zumindest „uns“ alle gleich behandelt.

Das stimmt, unter folgenden Voraussetzungen: Werde geboren als weiße/r Österreicher_in, halte dich an alle Gesetze und vor allem, heirate ja keine/n Ausländer_in!

Die Welt dreht sich zum Glück weiter, und auch in Österreich entwickelt sich langsam das Bewusstsein, dass das Aussehen nicht Maß aller Dinge sein kann. So ist das Gleichbehandlungsgebot in Österreich gesetzlich verankert, das besagt, dass grundsätzlich niemand aufgrund von Geschlecht, Alter, ethnischer Zugehörigkeit, Religion oder Weltanschauung, sexueller Orientierung oder Behinderung benachteiligt werden darf. Um dieses zu exekutieren gibt es die Gleichbehandlungsanwaltschaft, an die man sich im Falle einer Diskriminierung wenden kann.

Das hat Magdalena schon getan, nämlich als ihr und ihrem Mann eine Wohnung mit der Begründung verweigert wurde, ihr Mann sei ja Ausländer und sollte der „abhauen“, dann wäre ihr die Wohnung vielleicht zu teuer. Magdalena gewann das Verfahren und ihnen wurde ein Schadenersatz in der Höhe von 1000 Euro zugesprochen – ein kleiner Erfolg im Kampf gegen das rigide Kastldenken so mancher Mitbürger_innen.


Familie ohne Grenzen fordert, dass das Recht auf Gleichbehandlung, wie es auch in der UN-Kinderrechtskonvention verankert ist, bedingungslos eingehalten wird: Kein Kind darf benachteiligt werden - sei es wegen seines Geschlechts, seiner Herkunft, seiner Staatsbürgerschaft, seiner Sprache, Religion oder Hautfarbe, einer Behinderung oder wegen seiner politischen Ansichten!

Von der österreichische Bevölkerung fordert Familien ohne Grenzen Folgendes: Sagen Sie einem Kind, das Sie nicht kennen, nur das, was Sie sich dem österreichischen Bundespräsidenten aus Anlass einer zufälligen Begegnung zu sagen trauen würden!


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